Demokratische Freiheiten verteidigen – aber wie?

Podium "Freiheit verteidigen"

Unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung ist bedroht. Brexit und Trump sind bereits Realität geworden und es mehren sich die autoritären Stimmen, die sich bewusst als Gegenmodell zu unseren liberalen Werten propagieren und damit ziemlich erfolgreich sind.

Vor diesem Hintergrund diskutierten am 5. April im Grünen Salon Aachen Ralf Fücks, Mitglied im Vorstandsduo der Heinrich Böll Stiftung und Autor des Buches „Freiheit verteidigen - Wie wir den Kampf um die offene Gesellschaft gewinnen“ und Andreas Beitin, Direktor des Ludwig Forums Aachen, mit der Moderatorin Katrin Feldmann und dem Publikum.

Als Ursache für die steigende Abkehr von der Demokratie nennt Fücks unter anderem die Finanzkrise 2007/08, die Globalisierungsprobleme offenbart hat und mit einem massiven Vertrauensverlust in das politische System einherging. Außerdem seien stagnierende bis sinkende Reallöhne bei hart arbeitenden Bevölkerungsgruppen sowie eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich für steigende Verunsicherungen und Abstiegsängste verantwortlich. Zusätzlich hätte die digitale Revolution mit der Beschleunigung der Modernisierung bei vielen Menschen eine große Angst vor drohender Arbeitslosigkeit hervorgerufen.

Die anfängliche Euphorie gegenüber Migrationsbewegungen sei gekippt, als ein Kontrollverlust an den Grenzen wahrgenommen wurde. Ralf Fücks führt aus: Sowohl die „Leave“-Kampagne als auch Trump haben mit ihrer Politik der Abschottung und ihrer Forderung nach mehr Kontrolle viele Wähler*innen überzeugen können. Zudem hätte die Förderung der Geschlechtergleichheit eine „Verunsicherung des weißen Mannes“ hervorgebracht und zu einem kulturellen Rollback geführt, der gewisse Selbstverständlichkeiten wieder infrage stellt.

Ralf Fücks stellt fest, dass Deutschland zwar gerade als Stabilisator Europas fungiere, gleichzeitig aber auf eine lange Tradition antiliberaler Strömungen zurückblicke und nicht absehbar sei, wie sich Stimmungen entwickeln, sollten sich z.B. Terroranschläge hier häufen. Daher fordert der Autor nicht nur den Status-quo zu verteidigen, sondern die Demokratie als Ganzes zu erneuern - neue Antworten zu finden und vor allem die Zivilgesellschaft und öffentliche Institutionen zu stärken. Bildung sollte dabei im Mittelpunkt stehen, damit Menschen befähigt werden, auf Veränderungen adäquat reagieren zu können. Leider ist gerade dieser Bereich immer wieder von Kürzungen betroffen, wovor beide Referenten eindringlich warnen.

Herr Beitin schließt daran an, dass auch ein Museum kein Luxusobjekt ist, sondern als Bildungsinstitution für jeden Menschen, unabhängig vom Einkommen, zugänglich sein muss. Daher erhebe beispielsweise das Ludwig Forum an Donnerstagen keine Eintrittsgebühren. Zudem führte er aus, dass jede*r Bürger*in einen Beitrag zur Gesellschaft leisten muss. In Deutschland habe man rechtliche und demokratische Freiheiten und die Möglichkeit, Gesellschaft zu gestalten – ein Privileg, das zu selten genutzt werde.

Beide Gäste sind sich einig, dass es mehr gelebte Demokratie und Demokratiebildung braucht und alle Bürger*innen erreicht werden müssen, damit sie sich als aktiver Teil dieser Demokratie wahrnehmen.