Digitalcourage e.V.
ist einer der ältesten Vereine, der sich in Deutschland für Grundrechte und Datenschutz einsetzt. Der diese beiden Dinge miteinander verbindet. Seit 1987.
Früher hießen sie FoeBuD – eine dieser Abkürzungen aus dem alten Jahrtausend, die sie GottseiDank aufgegeben haben. Kein Mensch wüsste auf dem ersten Blick, wofür sie stehen.
Dabei ist das, wofür sie eintreten, sehr wichtig. Sie haben sehr früh erkannt, dass der Demokratie eine Bedrohung aus einer Ecke droht, die man zunächst lange nicht erkannt hat. Dass Menschen „verdatet und verkauft“ werden, dass sie abschätzbar und einordenbar werden.
Digitalcourage setzt sich dafür ein, dass in unserer Gesellschaft Menschen nicht nur Marketingobjekte sind, Manövriermasse beim Abbau des Sozialstaates oder als potentielle Terroristen behandelt werden. Digitalcourage setzt sich ein für eine lebendige Demokratie. Und dafür bekommen sie heute diesen Preis. Den Heinrich-Preis.
Das freut mich sehr.
Ich kenne Digitalcourage nicht nur von den BigBrotherAwards, bei denen eine Auszeichnung für die größte Datenkrake Deutschlands verliehen wird. Immer wieder ist Digitalcourage durch fundierte Berichte aufgefallen, lange bevor die Debatte um die Netzsicherheit populär wurde.
Wir von CORRECTIV freuen uns über ihre Projekte – etwa zur digitalen Selbstverteidigung. In dem sie Menschen beibringen, wie sie sich wehren können gegen Staaten, aber auch Organisationen, die unsere Freiheit durch Spähaktionen beeinträchtigen.
Ich finde es extrem wichtig, dass Sie über den Tellerrand hinausschauen und zäh dafür sorgen, dass nicht nur Einzelbürger, sondern auch Unternehmen dafür sensibilisiert werden, was Datensicherheit bedeutet. Gerade heute, wo der Kampf um die digitale Selbstbestimmung diskreditiert wird durch unverantwortliche Veröffentlichungen, ist Ihr zähes Bemühen hoch zu loben.
Der Heinrich-Preis der Heinrich Böll Stiftung NRW ist ein Ideenpreis. Er soll Zweifelnde zum Nachmachen ermuntern. Hier kann ich nur hoffen, dass sich möglichst viele Menschen zum Nachmachen aufgefordert fühlen. Sichert Eure Daten. Das ist die Botschaft von Digitalcourage. Das ist meine Botschaft. Sonst werden Eure Nacktbilder von Regierungsdiensten abgefangen, wenn ihr sie per Email an Eure Partner verschickt. Denkt nach. John Oliver hat hervorragend darauf hingewiesen.
Aber das ist natürlich nicht die einzige Botschaft, die von Digitalcourage ausgeht. Sie klären auf über den Gebrauch und Missbrauch von Gesundheitsdaten, von unseren Daten, die wir bei Google, Facebook & Co. abspeichern. Sie sehen nach, was auch auf den ersten Blick gute Organisationen wie Change.org mit unseren Daten machen. Sie handeln mit unseren Emails, weil wir uns mit unseren Daten politisch einschätzbar machen. Wir sind ein Markt geworden für Organisationen wie Change.org.
Digitalcourage geht dem nach und traut sich auch hier, Datenkraken zu enthüllen. Auch wenn diese nicht aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen kommen, sondern aus den Zirkeln der vermeintlich Guten. Change.org sieht in Menschen, die sich engagieren und politisch Einfluss nehmen wollen, nicht in erster Linie engagierte Menschen, sondern Objekte eines blühenden Marktes, die zu richtig viel Geld gemacht werden können. Digitalcourage lässt sich hier nicht von einem guten Zweck blenden. Sondern bleibt wachsam.
Das finde ich besonders toll.
Ihr Engagement zu den Handelsabkommen TTIP, TiSA, CETA und Co. ist vorbildlich. Ihr Engagement zur Vorratsdatenspeicherung hoffentlich auch in Zukunft erfolgreich.
Ihre Vorsitzenden padeluun und Rena Tangens sind Vorbilder – auch für mich – für ihre Art, Kunst und Aufklärung zu mischen.
Sie sind würdige Vertreter eines Lebensmottos, das mir meine Mutter mitgegeben hat:
Wir haben die Grenzen der Welt nicht gesetzt. Warum sollen wir sie halten?
Ihre Anzeige gegen die Bundesregierung im Zusammenhang mit den illegalen geheimdienstlichen Agententätigkeiten fand ich spannend. Spannend deshalb, weil hier tatsächlich die Lebensbereiche der Menschen in Deutschland massenhaft beeinflusst wurden. Sie haben die Dimension der Kooperationen mit dem britischen GCHQ Geheimdienst und der amerikanischen National Security Agency erkannt und für die Öffentlichkeit erfahrbar gemacht.
Spannend finde ich das alles nicht nur der Inhalte wegen. Ich finde es spannend, dass sie es schaffen, ihr Engagement aus Bielefeld heraus zu initiieren – bundesweit.
Wie sie es geschafft haben, die RFID-Chips in der Payback-Karte zu verhindern, war toll. Die Kunden sollten schon beim Betreten der Läden identifiziert werden. Leider geht der Stress weiter. Es gibt neue Methoden, Kundendaten zu erheben. Und damit wachsen auch die Aufgaben, die vor digitalcourage liegen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sich die Mühe machen, die Gefahren der Zukunft für uns zu beobachten.
Zur Vorratsdatenspeicherung möchte ich Ihnen nur sagen, dass ich es beeindruckend fand, wie Sie dazu beigetragen haben, diese im ersten Anlauf zu kippen. Ich hoffe, das gelingt Ihnen weiterhin. Die Bedrohung hört nicht auf. Denn nach wie vor erzeugen zu viele Mächte den Eindruck in den Menschen, ihre Sicherheit werde erhöht, wenn sie ihre Freiheit aufgeben. Sie stellen sich gegen den Eindruck. Sie stehen auf der Seite der Freiheit.
Dafür werden Sie geehrt.
Ich danke Ihnen.