Tagung „Bildung von Anfang an?

Am 2. Oktober 2009 diskutierten in Köln der Wissenschaftler Prof. Dr. Rainer Strätz und zwei Beigeordnete aus dem Ruhrgebiet (Manfred Beck) und dem Rheinland (Markus Schnapka) mit der Landtagsabgeordneten Andrea Asch über das Thema "Bildung von Anfang an".

Die zentralen Schlussfolgerungen dieser Diskussion lauten:

  • Bildung und Erziehung kommunal verflochten zu denken, wird zusehehnds in der Theorie selbstverständlicher. Die Praxis ist an einigen Orten auf dem Weg Bildungslandschaften tatsächlich zu schaffen. In den Kommunen Gelsenkirchen und Bornheim werden Netzwerke enger, bricht sich Umdenken neue Bahnen.
  • Die Fachwelt ist (wieder) in Bewegung. Wichtig ist, die Konzepte und Modellprojekte der 80er Jahren dabei einzubeziehen. Bereits Erprobtes und die Träger dieser Erfahrung sollen nicht verloren gehen. Heutige VorkämpferInnen in den Kommunen brauchen politische Wertschätzung und Förderung. Folgen müssen strukturelle Förderung und die Schaffung von Pflichten. Die Fäden gehören politisch aufgegriffen. Genau das würde ein Leerlaufen guter Initiativen – anders als in den 80er Jahren –
    verhindern. Die NRW Landesregierung hat diese Notwendigkeit noch nicht im Blick.
  • Zentral sind die Übergänge! Förderung bedeutet: Vorhandene Fähigkeiten der Kinder unterstützen, eigene Lernstile zulassen und die Informationen über entwickelte Kompetenzen und Lernstile an die nächste Bildungsstätte übergeben. Kooperationen von Kindertagesstätten, Grundschulen und weiterführenden Schulen müssen gefördert werden. Beispiele zeigen, dass Kinder die Angst vor dem Wechsel verlieren und ihre Lernerfolge „hinüberretten“ können. Es gibt mehrere Beispiele in der Expertise „Bildungshäuser für Kinder von drei bis zehn Jahren“ des BMBF auf S. 90ff.

Die Kooperation einzelner Teile der Lebenswelten von Kindern ist wichtig für bleibende Fortschritte. Die Warnung vor immer mehr Institutionalisierung im Leben der Kinder und immer weniger Platz zu freiem Spiel steht dem gegenüber. Dieser Einwand sollte ernst genommen werden und in weitere Diskussionen Eingang finden.

Die Tagung wurde durch folgende Inputs erweitert und zu einer größeren Diskussion angeregt:

Input 1: Konzept(e) Kommunaler Bildungslandschaften - Verzahnung von Elementarbereich und Schule“ - Referent: Prof. Dr. Rainer Strätz, SPI, Köln

Input 2: : „Kommunale Bildungslandschaft umgesetzt: Best Practice Gelsenkirchen“ - Referent: Dr. Manfred Beck, Jugend- und Bildungsdezernent Gelsenkirchen:

Kommunale Begleitung der Bildungswege beginnt in Gelsenkirchen am Kinderbett. Dieser Erstbesuch
ist auch für MigrantInnen besonders gewinnbringend. Familienbildung bezieht nicht nur Kindertagesstätten und Schulen ein, sondern auch die sozialen Dienste.
Jede strukturelle Maßnahme wird halbjährlich evaluiert, Elternbefragungen sind selbstverständlich. Zentrales Element ist die Sprachförderung. Kommunale Bildungsverschränkung bedeutet hier, dass jedes Kind von einer/m ErzieherIn begleitet wird. Haben in einer Einrichtung die Hälfte der Kinder eine andere Muttersprache als Deutsch wird eine zusätzliche Stelle geschaffen. Um Brücken zu schlagen zwischen ErzieherInnen, MitarbeiterInnen in der Jugendhilfe und LehrerInnen gibt es gemeinsame Fortbildungen. In Gelsenkirchen wird die Kommunikation, dort wo Zusammenarbeit stetig stattfindet, wesentlich besser. Jedes Kind bekommt von Anfang an ein Entwicklungsportfolio. Dieses wird an die Schule weitergegeben. Der nächste Schritt befindet sich in der Vorbereitung: Es wird einen kommunalen Schulentwicklungsplan geben, der das Schulsystem verändern wird. Eine ausführlichen Artikel von Manfred Beck finden Sie in der „Forum Kommunalpolitik“ 2/2009 auf Seite 22/23.

Input 3: „Jugendhilfeausschuss und Co. – Politischer Exot mit Mehrwert für Erziehung und Bildung?“- Referent: Markus Schnapka, Landesrat a.D, Dezernent für Menschen (Kinder, Jugend, Familie, Soziales, Bildung, Integration, Erwachsenenbildung) der Stadt Bornheim:

In Bornheim ist die Zukunftswerkstatt „Die Stadt als Bildungslandschaft“ hervorzuheben, in der Schulen und Kindergärten gemeinsam die Bildungsplanung in der Stadt erarbeiten. Dabei geht es nicht um eine umfassende Strukturplanung, sondern um die konkrete Planung und Umsetzung gemeinsamer Projekte. In der ersten Zukunftswerkstatt (sie wird künftig jährlich stattfinden) starteten folgende Projekte:

  1. Ganztags-Zugmodell an Grundschulen (Klassenerhalt am Vor- und Nachmittag, anderer
    Unterrichtsrhythmus) an 3 Standorten im Stadtgebiet
  2. Orientierung für Eltern bei Schulentscheidung (v.a. Übergang Primar zu Sek I)
  3. Hilfe für Eltern in Not
  4. Inklusion/Integration/Kompetenzzentrum

Zur Frage des Jugendhilfeausschusses (JHA) gibt es in Bornheim folgendes Fazit:
In der Verwaltung die Verschränkung von Jugendhilfe und Schulverwaltung organisieren (1 Fachbereich, ist erfolgt), in der politischen Vertretung die Aufteilung der Ausschüsse (JHA und Schulausschuss) belassen, aber projektorientierte Verbindungen (z.B. Demografische Entwicklung vs. Jugendhilfeplanung/Bildungsentwicklungsplanung im Kontext) schaffen. Diese Vorhaben stehen für die jetzt beginnende Ratsperiode an.