Der Trägerkreis des Grünen Salons Bielefeld widmete sich im 48. Salon dem Thema „Vom Eindringen der AfD in Institutionen der Gesellschaft – wie die AfD in unserer Demokratie einen Systemwechsel erreichen will“. Neben dem Vortrag von Prof. Heitmeyer wurden bei der Veranstaltung auch Einschätzungen engagierter Menschen zur Lage in Bielefeld sowie zu rechtsextremen Tendenzen unter Jugendlichen vorgestellt.

Prof. Wilhelm Heitmeyer bezeichnete die Ideologie der AfD als „autoritären Nationalradikalismus". Nach seiner Definition bezieht sich „autoritär“ auf das Gesellschaftsbild; „national“ beschreibt das Staatsverständnis, das auf einer angenommenen Überlegenheit der deutschen Kultur basiert und Deutsch-Sein als identitätsstiftend verstehe. "Radikal“ stehe für die Kommunikationsweise, die er als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mit rassistischem Vokabular charakterisierte. Laut Heitmeyer vermittele die AfD damit das Versprechen, Kontrolle wiederherzustellen und Anhänger*innen Sichtbarkeit, Stärke und Anerkennung zu geben. Er stellte fest, dass andere Parteien diesem emotional aufgeladenen Stil derzeit wenig entgegensetzen und gegen diese Emotionalisierung nicht (mehr) ankämen.
Die AfD erhielt bei der letzten Bundestagswahl rund 10 Millionen Stimmen, davon etwa 7 Millionen in westlichen und 3 Millionen in östlichen Bundesländern. Daraus werde deutlich, dass die AfD kein ausschließlich ostdeutsches Phänomen sei. Weiterhin erklärte er, dass Akteur*innen der AfD nicht primär am Austausch von Argumenten oder an Problemlösungen interessiert seien, sondern an Polarisierung. Strategisch orientiere sich die Partei an Antonio Gramscis Konzept der „kulturellen Hegemonie“ und werde dabei von rechtsextremen "Denkfabriken" unterstützt.
Heitmeyer machte im Folgenden anhand von aktuellen Beispielen deutlich, wie die AfD die demokratischen Institutionen angreift, um diese zu destabilisieren und zu delegitimieren. Er bezieht sich dabei auf die Ergebnisse einer Tagung, die im letzten Jahr mit namhaften Expert*innen an der Uni Bielefeld stattfand.
Er führte aus, dass es in der Polizei gezielte Unterwanderungsversuche gebe, über Themen wie Migration und Gewaltkriminalität Einfluss zu gewinnen. Auch in der Justiz seien AfD-Mitglieder oder -Funktionsträger tätig, teils in Richterpositionen, wenngleich eine verfestigte Einflussnahme seiner Aussage nach derzeit nicht festzustellen sei.
Im Bildungsbereich, so Heitmeyer, nutze die AfD das sogenannte „Neutralitätsgebot“, um Diskussionen über rechtsextremistische politische Positionen einzuschränken. Er verwies auf den „Beutelsbacher Konsens“, nach dem eine Auseinandersetzung mit diesen Inhalten geradezu gefordert sei, um mündige und demokratisch handelnde Bürger*innen zu erhalten.
In der anschließenden Diskussion wurden unter anderem die Medienpräsenz der AfD, der Umgang mit dem sog. „Neutralitätsgebot“, ihr Einfluss auf die Erinnerungspolitik sowie Möglichkeiten zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft thematisiert. Auch die Haltung Heitmeyers zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren kam zur Sprache.
Vertreter*innen verschiedener gesellschaftlicher Bereiche, darunter aus Sport und Feuerwehr, schilderten in diesem Rahmen ihre Erfahrungen.